Stationen

Freitag, 28. Mai 2010

Ende der Vorstellung

Berlusconis Ende hat begonnen. Wer wird ihn ersetzen? Hoffentlich Montezemolo. Vielleicht zusammen mit Männern wie Mario Monti, Gianfranco Fini, Giuseppe Pisanu, Leoluca Orlando, Mario Segni, Mario Draghi, Rocco Buttiglione, Franco Frattini...
Berlusconis eigentliche Leistung ist die Entideologisierung der politischen Debatte und die Beseitigung des Parteichinesisch. Beides erfolgte aber - mit glänzender, überwältigender Bravur - während des ersten Wahlkampfes, also noch bevor er regierte. Danach hat er nicht viel in die Tat umgesetzt von dem, was er vorhatte. Keine Steuerreform (er wollte die etwa 180 Steuergesetze auf 20 zusammenstreichen, weil 80% des Steuereinkommens ohnehin auf diese 20 Gesetze zurückzuführen sind), keine Ordnung kam in den Staatshaushalt (schon 1994 waren die Staatsschulden so groß wie das Bruttoinlandsprodukt). Es ist immer noch zu riskant für Unternehmer aus dem Norden Italiens in Süditalien zu investieren (die Versicherungen sind nicht bereit, das Risiko einzugehen, ihre Policen an Unternehmer zu verkaufen, die dort ansässig werden wollen), und ausländische Investoren scheuen nur ausnahmsweise nicht davor zurück, ihr Glück in Italien zu versuchen (Lidl und OBI sind zwei der Ausnahmen), weil Italien keine Plattform für Wettbewerbsfähigkeit ist (Bürokratie, Gewerkschaften, wilde Streiks und Zivilprozesse, die 20 Jahre dauern) und vielleicht auch aus anderen Gründen (Wettbewerbsvorteile der Ureinwohner: Verfilzung von Cooperativen, Versicherungsgesellschaften und Lokalpolitikern aus der Umgebung der ehemaligen KPI). Auch die beabsichtigte Steuersenkung gelang Berlusconi nicht. Als er es versuchte, war einer seiner Gegner ausgerechnet Montezemolo, der bemängelte, eine generelle Steuersenkung sei - gegenüber der Keynseschen Investitionslenkung - eine vergebliche Alternative.

Mussolini hat einmal gesagt, es sei nicht schwer, die Italiener zu regieren, aber es sei völlig nutzlos. Berlusconi wird vermutlich als Despot in Erinnerung bleiben. Aber wenn etwas ausblieb, dann war es gerade die viel heraufbeschworene Despotie und Mediendiktatur. Berlusconis eigentlicher Ehrgeiz war es schließlich, von allen geliebt zu werden. Enzo Biagi verlor seine Position als Oberkommentator, und Santoro verschwand für ein paar Jahre. Aber insgesamt war die Meinungsvielfalt in jedem Augenblick größer als in Deutschland. Klüger war sie nie. Und ideologisches Geschwafel gab es jahrzehntelang sehr viel mehr, bevor Berlusconi auftauchte. Dem ein Ende gemacht zu haben, indem er 5 Monate lang schlicht und einfach die Wahrheit sagte, ist, wie bereits gesagt, seine große Leistung. Schade, dass er damit aufhörte, je mehr seine persönlichen Probleme mit der Justiz sein Handeln bestimmten. Am ehrlichsten war er während der ersten Wahlkampagne, als er Italiens Gesetze als Gestrüpp bezeichnete, das einen Unternehmer vor die unlösbare Aufgabe stellte, legal hindurchzudringen. Vielleicht wird er - wie kürzlich Bettino Craxi - in 20 Jahren rehabilitiert, als derjenige der den Stein einer Modernisierung Italiens ins Rollen brachte.

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