Stationen

Sonntag, 31. Juli 2016

Der grauen Muse widerstehend

Martin Mosebach ist eine erratische Erscheinung im deutschen Kulturbetrieb. Zum Beispiel war er nie links. Nie hat er „die Gesellschaft“ für irgend etwas verantwortlich gemacht, nicht einmal für die maue Tantiemensituation seiner literarischen Anfangsjahre – beziehungsweise, wenn man es ganz genau nimmt, sogar Anfangsjahrzehnte. Der damalige Jura-Student blickt nicht auf eine bewegte Vergangenheit beim AStA und in der K-Gruppe zurück. Obwohl der 68er-Generation quasi angehörig – „Einer Generation anzugehören ist eine Entscheidung niedriger Seelen“, notierte Mosebachs Hausheiliger Nicólas Gómez Dávila –, hinderte ihn sein Distinktionsbedürfnis, bei dem geistlosen Destruktionstheater mitzutun.

Schwer vorstellbar, einen Martin Mosebach untergehakt mit Ulrike Meinhof links und Dany le Rouge rechts „Ho-ho-ho-Tschi-Minh“ skandierend auf der Straße zu sehen. Ich male mir aus, wie er stattdessen lieber seine Technik beim Binden des Krawattenknotens verfeinerte und Edward Gibbon, Joseph de Maistre oder eben Gómez Dávila gelesen hat. Wobei diese Namen hier nur als pars pro toto angeführt seien; der Mann ist eine wandelnde Bibliothek. Übrigens nicht nur das, auch Pinakothek. Sogar Vinothek. Und einmal unter uns dunkeldeutschen Betschwestern gefragt: Was sind auf der Waage der Themis sämtliche Publikationen der 68er gegen eine gut gebundene Krawatte?
Mosebach ist ein kultivierter, manierlicher, weitgereister, extrem gebildeter Herr, den man an jeder Tafel neben jeden beliebigen Präsidenten, Potentaten aber auch Proleten platzieren kann, ohne sich als Gastgeber um den Konversationsverlauf sorgen zu müssen; der Nachbar wird sich bestens unterhalten – und, sofern er über ein Organ dafür verfügt, womöglich ein bißchen ungebildet – fühlen.
„Le style c’est l’homme“, sagte Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon, 1753 in seiner Antrittsrede vor der französischen Akademie, und wenn diese Sentenz in der deutschen Literaturszene der eher stilabholden Gegenwart auf jemanden zutrifft, dann auf den Frankfurter Romancier, Essayisten, Causeur und Katholiken, der allein dadurch, daß er Sofa oder Telefon bisweilen mit ph schreibt, Saint-Just für einen Vorläufer Himmlers hält, ständig mit Einstecktuch herumläuft und die alte katholische Messe wiederherstellen will, einige Proleten des Kulturbetriebs mit drolliger Verläßlichkeit auf die Palme bringt.

„Jeder gute Autor ist eine Insel“, hat Mosebach in einem Interview gesagt, und das meint eben: nicht Diskurs, nicht Gruppe, nicht Klüngel, nicht anschlußfähig. „I am a rock, I am an island. I have my books, and my poetry to protect me“, sangen Simon & Garfunkel ganz antizyklisch während der K-Gruppen-Zeit, und wenigstens der Frankfurter Arztsohn nahm die Barden beim Wort.

Natürlich ist da ein Haken an der ganzen in sich ruhenden Kultiviertheit, dieser Mann ist in Wirklichkeit ein Getriebener, ein Besessener, der schreiben muß, um überhaupt leben zu können. Das verrät ein Blick auf seine Manuskripte: handgeschrieben in der Erstfassung, die Blätter randlos bedeckt mit kleinen, sich kräuselnden, regelmäßigen Buchstabenkolonnen, denen eine gewisse Gehetztheit innewohnt (aber vielleicht täusche ich mich auch, und diese reliefartigen Zeilen entstehen in göttlicher Gleichmut).

Mosebach schreibt seine Romane bevorzugt im Ausland und oft sozusagen kontradiktorisch zum Handlungsort; so entstand das in Deutschland und Indien spielende „Beben“ in Kairo, und seinen Frankfurt-Roman „Westend“ brachte er auf Capri zu Papier. Dieses Nachkriegsepos ist übrigens wahrscheinlich sein literarisches Hauptwerk, es ist erzähllogisch kühn, befriedigt ästhetisch vollständig und ersetzt ganze mentalitätsgeschichtliche Seminare. Zugleich ist es ein belletristischer Essay zum Thema, wie die deutschen Städte so häßlich werden konnten, warum der Wiederaufbau zerstörerischer war als der Bombenterror.

Apropos: Als Essayist ist Mosebach mindestens ebenso bedeutend wie als Romanschriftsteller. Mindestens? Mindestens. Hier enthüllt sich, und zwar immer nur wie nebenbei, seine staunenswerte Bildung, hier herrscht eine hohe, prachtvolle, spätblütenartige, aber niemals eitle, immer skeptische Individualität, die genau weiß, daß sie in die Gegenwart nur mehr noch hineinragt, daß längst ein anderes Decorum gilt, daß ein neuer Menschentyp mehr wimmelt denn waltet, der sich von seiner Herkunft abgenabelt hat und dem es völlig gleichgültig, ja willkommen ist, wenn die Welt mit Beton, Fast food, Pornographie, Plastik, Elektronik-Tinnef und gleichmacherischen Diversity-Parolen zugemüllt wird.
Nichts verbindet diesen Menschenschlag mehr mit der Vergangenheit. Man könne meinen, schreibt Mosebach, das geschwundene Interesse an Geschichte habe „mit einem dunklen, bisher, wie mir scheint, selten artikulierten Gefühl zu tun, daß uns die Kenntnis unserer Vergangenheit für die Zukunft nichts mehr zu lehren vermag“. Er spricht von einem „unheilbaren Bruch“, der „mit dem Anfang einer von dem uns Vertrauten gänzlich unterschiedenen Zivilisation einhergeht“.
Wer diesem Prozeß nicht applaudiert, gilt als Spielverderber und Reaktionär, ein Titel, den sich Mosebach gleich neben dem Einstecktuch ans Revers geheftet hat und deutlich sichtbar umherträgt. „Gegenwärtig ist nichts so verpönt wie Skepsis gegenüber unserer Lebensform. Jede Erinnerung an die Verluste, die sie gekostet hat, wird als Sentimentalität und Nostalgie gebrandmarkt; die Erforschung dessen, was wir sind, woher wir kommen, welche Gesetze unsere Städte geformt haben, steht unter dem Verdacht übelster Reaktion“, schreibt er.
Die in dieser an Borniertheit nicht mehr zu überbietende Selbstzufriedenheit wird inzwischen von wohlbegründeter Zukunftsangst unterwandert, die aber nicht die Revision des eigenen Standpunktes zur Folge hat, sondern ein verkrampftes Festhalten am Status quo.
Da ein Literat daran wenig ändern kann, reist der polyglotte Dichter weiter in die Winkel der Welt und schreibt. Sein neuer Roman ist soeben fertig geworden. Am 31. Juli feiert Martin Mosebach seinen 65. Geburtstag.   JF

Als PS noch eine meiner Lieblingsstellen aus einem Mosebach'schen Essay: „Ob ein Volk ein Kulturvolk ist, entscheidet sich daran, wie viele kulturelle Fähigkeiten die Armen dieses Volkes besitzen: wie viele Kenntnisse, das Leben kultisch in Form zu bringen. Solche Fähigkeiten sind zum Beispiel: einen Gast empfangen, ein Essen auf den Tisch stellen, ein Huhn tranchieren, die Messe dienen, wissen, in welcher Kleidung man eine Kirche betritt, mit Angehörigen anderer Klassen oder Nationen umzugehen, ein altes Lied singen zu können, eine Frau so anzusprechen, daß es ihr angenehm ist, auch wenn sie nicht darauf eingehen möchte, ein Fest zu feiern, einem Toten die Augen zuzudrücken.“

PPS: Mehr über MM, nicht mehr ganz taufrisch, hier.


Passend zum Jubilar diesmal die Monatsendfigur. Unter dem Eindruck der Kathedrale von León am Jakobsweg nach Santiage de Compostela schrieb Leser ***: "Was ist das eigentlich für eine Zeit, in der wir heute leben, lieber Herr Klonovsky? In nur 50 Jahren hat sich im 12. Jhd. die (damals) 5.000-Seelen-Gemeinde von León diese gigantische gotische Kathedrale errichtet, mit einer Fensterfläche von über 1000 Quadratmetern, um dem Reich Gottes auf Erden zu huldigen. Das wäre in der heutigen Zeit selbst in einer Stadt, die 5.000000 Einwohner zählt, meines Erachtens nicht mehr denkbar."
Besonders angerührt hat ihn – und mich – diese Skulptur der Maria gravida (Maria in der Hoffnung, auch Mariä Erwartung).


Mit gebundenen Händen und verbundenen Augen

Nehmen wir einmal an, die deutsche „Willkommenskultur“ wäre ein börsennotiertes Unternehmen. Dann hätten wir in diesen Tagen die erste Dividende bekommen. Leider nicht in Cent und Euro, sondern in Blut und Tränen. Würzburg, München, Reutlingen und Ansbach – drei dieser Schauplätze von Terror und Amoklauf stehen im direkten Zusammenhang mit der deutschen Flüchtlingspolitik. Das ist Fakt. Ebenso die Tatsache, daß führende Politiker unseres Landes dabei ein erschreckendes Bild der Hilflosigkeit abgeben.
Den jüngsten Beleg für diese These lieferte Anfang der Woche ausgerechnet der Mann, der kraft seines Amtes für die Sicherheit in Deutschland steht. Oder – richtiger gesagt – stehen sollte: Thomas de Maizière. Der Bundesinnenminister erklärte nach dem „Macheten-Mord“ eines syrischen Flüchtlings in Reutlingen und dem Selbstmordanschlag eines 27jährigen Syrers in Ansbach: „Ich kann Ihnen versichern, daß unser Rechtsstaat stark ist und stark bleibt. Im Bund und in den Ländern.“
Diese Aussage machte er am Montag exakt um 15:13 Uhr. Nur sechs Minuten später, um 15:19 Uhr, erklärte er auf derselben Pressekonferenz: „Ich würde mir wünschen, daß mehr Flüchtlinge nicht nur ihr Handy, sondern auch ihre Personaldokumente dabeihaben.“ Parallelen zu jenem Sachbearbeiter der Ausländerbehörde in Frankfurt am Main drängen sich auf, den ich für mein Buch „Finale Deutschland“ interviewt hatte.

Der Beamte schilderte mir, was er tagtäglich erlebt: „Da kommen Leute, die sagen, sie würden verfolgt. Das muß ich glauben. Der Ausweis sei auf der Flucht verlorengegangen. Frage ich nach dem Namen, grinst mich einer an und sagt: Johnnie Walker – so wie der Whisky. Auch das muß ich glauben. Ein anderer behauptet, er heiße Michael Jackson. Dabei ist mir natürlich klar, daß die Leute mich komplett verarschen. Aber was soll ich tun? Mir sind die Hände gebunden.“

Nein, Deutschland ist keine Bananenrepublik. In einer Bananenrepublik muß man Beamte bestechen, um eine neue Identität zu bekommen. Hier in Deutschland bekommt man sie umsonst. Niemand weiß, ob der Mörder von Reutlingen wirklich 21 Jahre alt ist. Oder ob der Name, den er angegeben hat, sein richtiger ist. Auch gibt es erhebliche Zweifel, ob der Mann, der in Würzburg fünf Menschen mit einer Axt den Schädel einschlug, tatsächlich aus Afghanistan stammt. Und ob er 18 Jahre alt war – oder nicht schon viel älter.

Was wir aber wissen: Im Namen Allahs sollten unschuldige Menschen in Deutschland sterben. Der Selbstmord-Attentäter von Ansbach hatte eine Haßbotschaft als Video auf seinem Handy. Er wolle Deutsche töten, erklärte der Flüchtling aus Syrien, bepackte seinen Rucksack mit Sprengstoff und Nägeln und machte sich auf den Weg zu einem beliebten Musikfest. Unfaßbar: Nur die fehlende Eintrittskarte verhinderte ein noch größeres Blutbad.
Die Behörden hatten den Mann gar nicht auf dem Radar. So sei nebenbei die Frage erlaubt: Wer hat da geschlafen? Bei der Durchsuchung seiner Asylunterkunft fanden sich etliche Materialien zum Bombenbau. Finanziert durch deutsche Sozialhilfe – auch das gilt es festzuhalten. Es wäre schön, wenn die Kanzlerin einmal laut darüber nachdenken würde. Sozusagen als Ergänzung ihrer selbstgerechten Bekundung: „Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, daß wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“

Am Ende seiner Pressekonferenz mahnte der Bundesinnenminister zur Besonnenheit, warnte vor einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge und lobte geflissentlich seine Sicherheitsbehörden. Die seien gut aufgestellt. Das alles ist Minister-Routine – mehr nicht. Viele seiner Beamten haben für solche Sätze nur noch ein müdes Lächeln übrig.
Aber nur wenige sprechen über die Ohnmacht des Staates so unverblümt wie Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft: „Inzwischen haben wir doch Hunderttausende im Land, von denen wir überhaupt nicht wissen, wer diese Leute sind.“ Zu dieser Aussage paßt auch ein internes Papier, das im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) kursiert. Es dokumentiert die mangelhafte Qualitätssicherung der Asylverfahren. Von 282.700 Asylentscheidungen seien gerade einmal 0,01 Prozent stichprobenartig überprüft worden, heißt es darin.
Das alles sind Fakten, die man natürlich auch ignorieren kann. Die Relativierungs- und Beschwichtigungsweltmeister dieser Republik sind darin geübt. „Wir bekommen Menschen geschenkt“, erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Durch die Zuwanderung werde Deutschland „jünger, bunter, auch religiöser“. Das sei großartig und wunderbar. Und im Deutschen Bundestag schob die Grüne nach: Es werde zwar etwas rumpeln, aber das würde sich schon fügen.
Aus dem Rumpeln wurden Axt-Hiebe und Sprengstoffanschläge, offen ausgelebter Haß auf uns Ungläubige und Sex-Attacken völlig enthemmter Migranten. 95 Moscheen stehen aktuell unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Salafisten, Islamisten und Dschihadisten wird das nicht sonderlich beeindrucken. Sie haben in Deutschland ihr Biotop gefunden – und lassen sich daraus so schnell nicht mehr vertreiben.
Die Beschwichtigungsweltmeister werden uns zudem weismachen, der Terror und all die Übergriffe seien lediglich ein paar Kollateralschäden der „Willkommenskultur“. Wir müßten lernen, damit zu leben. Viele Flüchtlinge seien schließlich psychisch belastet und schwer traumatisiert. Deshalb bräuchte es noch mehr Anstrengungen seitens der Gesellschaft. Der Prototyp derjenigen, die nicht müde werden, uns das zu predigen, ist die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. „Wir sollten versuchen, den Terroristen mit Beten und Liebe zu begegnen“, erklärte Margot Käßmann. Das Schlimme ist: Die Frau meint das wirklich ernst.   Hans-Hermann Gockel

Einfache Antworten und Zynische Vernunft

Wann ist jemand eigentlich ein „verwirrter Einzeltäter“ oder „traumatisiert“ oder einfach nur „kriminell“, und wann dagegen lässt seine Untat auf den üblen Charakter einer Weltanschuung und ihrer Anhänger schließen? Das ist das Rätsel, das momentan das Land aufwühlt.

Eine Legion von Experten wägt diese Frage hin und her, dabei ist die Antwort ganz einfach: Es hängt allein davon ab, welche Weltanschauung dem Täter zugeordnet werden kann.

Der Mann, der die heutige Kölner Oberbürgermeisterin totstechen wollte, konnte als irgendwie „rechts“ identifiziert werden. Deshalb, nur deshalb, war er kein verwirrter Einzeltäter, sondern wurde sozusagen als bewaffneter Arm von Pegida, AfD und Konsorten veranschlagt.
Beim norwegischen Massenmörder Breivik fand sich ein Zettelkasten mit 1500 Blättern voller Texte von allen möglichen Leuten zu allen erdenklichen Themen. Jeder Autor, der in dem wirren Konvolut aufgestöbert werden konnte, wurde – gewissermaßen von hinten durch die Brust ins Auge – von gewissen Kreisen wie ein „Stichwortgeber“ des Monsters behandelt, was nicht weit entfernt ist von der Verurteilung als „geistiger Brandstifter“.
Die Täter von Nizza, Würzburg und Ansbach waren dagegen islamisch motiviert. Daher verbietet sich jeder Verdacht auf weltanschauliche, in diesem Falle religiöse Hintergründe. Wer dennoch danach sucht, ist ein Hetzer.

Beim Münchener Massaker war die Motivlage des Mörders zunächst nicht ganz klar, was für Verunsicherung sorgte. Wer einen religiösen Antrieb bei dem Deutsch-Iraner befürchtete, den brachten die verantwortungsvollen Stimmen im Lande schnell zum Schweigen: Wer diese Vermutung äußere, der schlachte die Tat skrupellos aus. Schon wegen seiner Herkunft und seiner Religion konnte es sich bei dem 18-Jährigen um nichts anderes handeln als einen verwirrten Einzeltäter.
Dann jedoch fiel die Aufmerksamkeit auf das kurze Wortgefecht, das der Amokläufer vom Dach eines Parkhauses aus mit einem aufgebrachten Bürger führte. Was hatte er da gesagt? „Ich bin Deutscher!“ Daraus ließ sich doch etwas machen, schloss Julia Schramm von der Amadeu Antonio Stiftung blitzgescheit und fragte auf „Twitter“: „Was muss eigentlich passieren, damit rechtsmotivierte Morde nicht mehr als ,Drama‘, als ,Amok‘, als ,Einzelfall‘ verharmlost werden?“

Treffer! Wenn (was nach dem Stand der Ermittlungen nicht zu erwarten steht) im Nachlass des Schlächters doch noch etwas gefunden werden sollte, was auf eine radikal-islamische Gesinnung schließen ließe, können wir ja immer noch zum „psychisch kranken Einzeltäter ohne politische oder religiöse Motive“ zurück­kehren.

Da sind wir ganz flexibel.
Zunächst aber zurück zu den Hetzern. Das sind die „mit den einfachen Antworten“, belehrt man uns. Noch übler als einfache Antworten erscheinen uns einfache Fragen, wie sie der polnische Außenminister Witold Waszczykowski stellt. Der Lümmel von der Weichsel erwartet von den deutschen Politikern, dass sie ihm bitteschön erklären, wie es zu den Anschlägen überhaupt kommen konnte, denn, so zitiert ihn die „Welt“: „Uns wurde versichert, dass die Aufnahme so vieler Flüchtlinge in Europa keine Probleme verursacht.“ Stimmt, uns haben sie das auch versichert.

Es ist dann etwas anders gekommen, was die Politiker vor eine „neue Lage“ stellt, die angeblich niemand habe vorhersehen können. Ausgenommen natürlich die Hetzer, die schon vor Jahresfrist auf die Gefahr hinwiesen, dass mit den unkontrolliert hereinströmenden Asylsuchern auch Terroristen einreisen könnten. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen tat das als großen Blödsinn ab, und der musste es ja wissen. Ebenso sah es der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler. Wobei „sah“ vielleicht das falsche Wort ist, denn „gesehen“ haben beide Herren offenbar nicht sehr viel.
Oder doch? Als die Geheimdienst-Bosse wegen der Attentate von Paris im November splitternackt im Wind standen, weil dort mindestens drei als „Flüchtlinge“ eingereiste Mörder beteiligt waren, mutmaßte der „Tagesspiegel“, möglicherweise seien „die Einschätzungen (Maaßens und Schindlers) gewissermaßen pädagogisch zu interpretieren: Aus der Wahrheit könnten die falschen Schlüsse gezogen, einem Ende der Willkommenskultur das Wort geredet werden.“
Sie haben uns zwar belogen, soll das heißen, dies aber nur mit den fabelhaftesten Absichten. Dem blöden Bürger darf man nicht die Wahrheit sagen, wenn er dadurch die Regierungslinie verlassen und zu den Hetzern überlaufen könnte. Zu jenen finsteren Gestalten also, welche Fragen stellen, Antworten verlangen und auf Widersprüche hinweisen.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber frohlockt
inmitten fast täglich neuer Terrornachrichten laut „ntv“, Merkels „Wir schaffen das“ sei aus seiner Sicht „teilweise Wirklichkeit“ geworden, denn „die, die zu uns kommen, zu versorgen, ihnen ein Dach über dem Kopf zu geben, ihnen etwas zu essen zu geben, das haben wir geschafft“.
Ihnen gehen auch gerade ein paar sehr derbe Kraftausdrücke durch den Kopf? Gut, die behalten wir aber schön für uns, ebenso wie die Frage, ob Herr Tauber und die Seinen eigentlich wissen, wem sie da ein „Dach über dem Kopf“ gegeben haben. Das wissen sie nämlich nicht, weshalb die Frage unhöflich und hetzerisch wäre.
Der Würzburger Axtschwinger war nur einmal polizeilich kontrolliert worden, und das in Ungarn. Die deutschen Behörden haben die wahre Identität des jungen Mannes, dessen Aufnahme und „Integration“ in wenigen Monaten fast 50000 Euro verschlungen haben soll, nie überprüft. Da können wir schon verstehen, wenn sich die obersten Geheimdienstler um das „Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung“ sorgen und uns daher mit frommen Märchen hinters Licht führen.

Ganz fürchterlich sind jene Leute, die angesichts der Blutspur trocken feststellen, dass eine ganze Menge Menschen noch am Leben sein könnte, wenn unsere Politiker statt euphorisch „Wir schaffen das“ zu rufen unsere Grenzen korrekt hätten schützen lassen. So etwas zu sagen sei „zynisch“, werden wir belehrt.
Und außerdem völlig realitätsfern, wie uns Merkels Regierungssprecherin Ulrike Demmer gerade versichert hat. Denn, so Demmer laut „Frankfurter Rundschau“,  die meisten Anschläge der vergangenen Monate seien nicht von Flüchtlingen verübt worden. Die Gefahr, die von Schutzsuchenden ausgehe, sei nicht größer als die von anderen in Deutschland lebenden Menschen.
Endlich, das ist die Erlösung aus diesem blutigen Albtraum. In Wirklichkeit passiert gar nichts Besonderes! Die plötzliche Häufung bestialischer Terror-Akte haben wir uns bloß eingebildet, denn wenn von den orientalischen Neuankömmlingen eine um keinen Deut größere Gefahr ausgeht als vom Durchschnittsdeutschen, der hier schon immer lebt, dann kann es ja auch unmöglich eine plötzliche Terror-Welle geben.
Oder es gibt sie doch, aber dann haben es die Durchschnittsdeutschen eben nur versäumt, ihren statistisch angemessenen Anteil an willkürlichen Metzeleien beizusteuern, was wiederum rein gar nichts über ihre wahre Gefährlichkeit aussagt.
Ich weiß, das ist jetzt wirklich zynisch.

Aber ist es nicht herzzerreißend, welche abenteuerlichen Pirouetten diese Leute drehen, um jeder realistischen Ursachenforschung aus dem Weg zu tanzen?
Gerade kommt die Nachricht rein von dem alten Priester, dem sie in seiner Dorfkirche bei Rouen die Kehle durchgeschnitten haben. Warten wir ab, welche „anderen dort lebenden Menschen“ das wohl getan haben.
Ja, man wird zynisch. Aber irgendwann läuft jedes Fass einmal über.   Hans Heckel

Samstag, 30. Juli 2016

Es gibt Momente



In der Mitte Europas entsteht bald ein Raum ohne Volk. Schade ist das aber nicht. Denn mit den Deutschen gehen nur Dinge verloren, die keiner vermissen wird.“ Denniz Yücel


Es gibt Momente, die so entsetzlich deutlich die deutsche Dummheit offenbaren, dass man versucht ist, ihm Recht zu geben.



Indessen...

Die FAZ übt sich in Manierlichkeit

Lichtmesz stellt die Dinge auf die Füße 


Oberflächlich und dumm

 29. Juli 2016

Der sich mit einer Axt durch einen Zug metzgernde Afghane von Würzburg war ein "verwirrter Einzeltäter"? Wahrscheinlicher handelte es sich um einen in jahrtausendealten Fußstapfen wandelnden, den Gesetzen seines Stammes folgenden, hochgradig normalen Paschtunen, der seine Vorstellungen von Männlichkeit und Ehre auslebte. "Paschtunische Wertvorstellungen (lassen sich) nicht durch Psychologen und Sozialarbeiter ohne Kenntnis über das Paschtunwali beiseitewischen. Auch nicht mit Praktika und Versprechen von Lehrstellen", sagt der Afghanistan-Kenner Albert A. Stahel. "Natürlich könnte man wissen, womit man es zu tun hat. Zum einen hat sich unsere westliche Kultur über die letzten Jahrhunderte seit dem Mittelalter vom Verhalten entfremdet, das jenem der Paschtunen von heute gleicht. Zum anderen geht es beim notwendigen Wissen nicht ums Können, sondern ums Wollen. Man will sich nicht ernsthaft mit fremden Kulturen auseinandersetzen, um zu wissen, was da auf uns zukommt. Gerade auch auf politisch verantwortlicher Ebene herrscht das Gefühl vor, unsere Kultur, unsere Werte und unsere Errungenschaften seien derart fortschrittlich und überlegen, dass sie automatisch auch maßgebend sind für alle anderen. Das ist aber oberflächlich und dumm. (...) Erhebt man den Anspruch, solche Leute bei uns zu integrieren, braucht es sicherlich das entsprechende Hintergrundwissen. Einen unwissenden Sozialarbeiter loszuschicken, kann tödlich enden, denn die Grenze zwischen Wohlwollen und Totschlag des zu Integrierenden ist schmal." Mehr hier.

Man beginnt täglich deutlicher zu ahnen, was die große humanistische "Wir schaffen das"-Sprechpuppe im Kanzleramt diesem Land sehenden Auges aufgehalst hat und mit grinsender Selbstgefälligkeit immer weiter aufzuhalsen gewillt scheint. 

Im Zusammenhang der mählichen Bananenrepublikanisierung: Hongkong gibt Reisewarnung für Deutschland aus.

Desgleichen irgendwie im Kontext: Der Reutlinger "Macheten"-(bzw. Dönermesser)-Mörder – diese Buben sind ja so flexibel und findig bei der Wahl der Waffen – beging eventuell gar keine Beziehungstat an der alleinerziehenden Vierfach-Mutter aus Polen; polnische Medien berichten, er sei nur ihr Stalker bzw. Belästiger gewesen (hier) –  "Für manchen hat ein Mädchen Reiz/Nur bleibt die Liebe seinerseits" (Wilhelm Busch) –, und irgendwann rutscht einem in seinem Stolz gekränkten Orientalen eben zuweilen das Messer aus. Vielleicht handelt es aber auch bloß um eine gemeine, diskriminierende und muslimfeindliche Unterstellung der Polackenpresse, und die Frau befand sich längst im rechtmäßigen Besitz dieses rechtgläubigen Mannes.


 30. Juli 2016
Vor einer Woche erinnerte ich an dieser Stelle an den Jahrestag des napoleonischen Sieges in der "Schlacht bei den Pyramiden" anno 1798. Da der französische Griff nach Ägypten gemäß Napoleons Intentionen nur ein Zwischenschritt auf dem Weg nach Indien sein würde, machten die Engländer den Franzosen die Beute zügig und erfolgreich streitig. Für die Araber war die deprimierende militärische und technische Überlegenheit der Europäer, die sich um ihr Territorium stritten, ein Schock. In Ägypten entstand damals eine islamische Bewegung, der 150 Jahre lang kein westlicher Stratege eine besondere Beachtung schenkte: der Salafismus.

1804 ließ sich Napoleon vom Papst zum Kaiser krönen. 1805 besiegte er bei Austerlitz die Russen und die Österreicher, 1806 bei Jena und Auerstedt die Preußen. Kein Europäer hielt damals für bedeutend, was zur gleichen Zeit auf der arabischen Halbinsel geschah. Zwischen 1804 und 1806 eroberten die Wahhabiten die beiden heiligen Städte des Islams, Mekka und Medina.
Wie wird man in Europa in hundert Jahren diese parallelen Ereignisse gewichten?   (MK am 29. und 30. Juli 2016)

Freitag, 29. Juli 2016

Aufruf an die Rechtsextremismusforschungs-Wissenschaftler

Jemand sagte: "Jetzt melden die Zeitungen, der Amokschütze von München sei ein Hitler-Bewunderer gewesen. Ja glauben diese Leute, es gibt eine nennenswerte Zahl von Einwanderern aus dem arabischen Raum, auf die das nicht zutrifft?"

Auf, Emnid, Forsa, Kahane-Stiftung: Das muss sich doch empirisch festzurren lassen!   (MK am 28. Juli 2016)

Woelki

Wie soll man reagieren auf den Terror? Hat die Terrorwelle etwas mit dem vielfach unkontrollierten Flüchtlingsstrom, der seit Merkels Tür- und Grenzöffnung Europa und vor allem auch Deutschland verändert hat, zu tun? Sind alle Freiheit und Menschenwürde hassenden Brutalmörder immer nur Einzeltäter? Wer oder was hat sie mental gespeist?
Haben diese Täter, die sich auf ihren Islam berufen, wirklich gar nichts mit dem Islam zu tun? Ist man ein Hetzer und Hasser, wenn man sich um die Sicherheit sorgt und gegen mörderische Hetze und tödlichen Haß ist? Ist man ein gefährlicher Fundamentalist, wenn man für das Fundament der Freiheit, des Respekts und der wehrhaften Toleranz plädiert?
Sind islamistische Halsdurchtrenner und Kopfabschneider oder triebgesteuerte und frauenverachtende Vergewaltiger nur im seltenen und dann ganz überraschenden Einzelfall psychisch gestört? Sind die traumatischen Erfahrungen auf der Flucht ein Grund für Haß und Gewalt? Haben nicht auch christliche Flüchtlinge schwere Traumata?
Warum haben es aufgeklärte und friedliebende und toleranzbereite Muslime, die ein gutes und selbstverständliches Miteinander suchen, offenbar so schwer in einem bislang unaufgeklärten Islam? Ist der Haß von Muslimen auf friedliebende Christen muslimisch? Sind Mohammed und Christus vergleichbar? Ist es tatsächlich derselbe Gott, an den Christen und Muslime glauben? Wo also läge dann das Problem? ...

 ... Rainer Woelki versteht es, mit markigen Worten vor der Kulisse seines Domes, der nicht seiner ist, aufzutreten. Manches gerät dann schon mal wohl klingend aber sachlich falsch. Da kann dann auch ein Kardinal sehr rasch in parteipolitische Niederungen hinabsteigen oder abrutschen, die er dann – unter Umgehung wirklicher theologischer Kenntnisse – auch mit vermeintlich geistreichen vergleichenden Gleichsetzungs-Sprüchen von Kirchturm und Minarett garniert. Differenzierung? Fehlanzeige. ...





... Gar nicht gut angekommen sind jetzt aber bei vielen die von ihm in seiner Spur unkritischer und weitgehend anspruchsfreier Willkommenskultur zelebrierten Gleichsetzungen von Allah und Gott. Während ein Robert Kardinal Sarah aus Guinea, der in Rom die Kongregration für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung der katholischen Kirche leitet, nach dem Mord an Abbé Jacques Hamel vielen aus dem Herzen sprach, als er sagte: „Wie viele Tote braucht es, wie viele abgeschlagene Köpfe, bis die europäischen Regierenden die Lage begreifen, in der sich der Westen befindet?“, hörte man von Woelki nichts Hilfreiches.
Andere verstiegen sich in von Äquidistanz gesteuerte Allgemeinplätze mit Betroffenheits-Tremolo, als gehe es eher allgemein darum, daß jetzt Haß zwischen Religionen gesät werden solle. Sät das Christentum etwa Haß? Wer schneidet denn wem den Kopf ab? Heißt nicht der christliche Auftrag gar „Liebet eure Feinde“? Nicht so einfach, wenn – woher auch immer – „ganz allgemein“ Haß zwischen den Religionen gesät werden soll. ...



... Wie kommt ein deutscher Kardinal auf die abenteuerliche Idee, ernsthaft in einem Kommentar zu behaupten, daß sich Christen und Muslime „gerade auch in unserem politischen Handeln allein dem einen und wahren Gott verpflichtet“ wissen? ...

... Es gibt Gemeinsamkeiten, zweifellos. Aber eben auch eklatante Unterschiede zwischen Allah und Gott. ...

... Wir brauchen ein mutiges und waches Miteinander von Christen und Muslimen. Zweifellos. Dazu gehören Ehrlichkeit, Respekt und Einsicht. Der absolut notwendige Dialog ist absolut notwendig. Ja. Aber er muß mit Kenntnis, Wissen, Klugheit und Mut geführt werden. Und er darf vor allem auch nicht ausklammern, daß die friedliche Mission zum Kernauftrag des Christen gehört und nicht unter Gefühlen vermeintlicher Gleichheit komatisiert werden darf. ...  

Vielsagende Szenen aus der Provinz

24. Juli 2016 – Radle mit einer Tochter ins Kino. Gucken „Toni Erdmann“. Dachte, wenn das Feuilleton rundum schier ausflippt vor Freude über den Streifen, kann der Film nicht ganz schlecht sein. War er aber; banal, langatmig und sterbenslangweilig. Tiefer Seufzer: Wo kann man „der Presse“ und ihrem kruden Geschmack noch trauen…

Auf dem Rückweg versagt das Fahrrad der Tochter. Nichts geht mehr. Wird geschoben. Es regnet in Strömen. Ist ein warmer Regen, wir genießen es. Nach neun Kilometern sind es nur noch zwei Sekunden zwischen Blitz und Donner. Ich rase heim (Elternhaus, Offenbach), während die Tochter sich in einem Hauseingang unterstellt.
Zu Hause muß ich duschen, es wird (da nun noch kaltgefroren) leider überlang. Breche drum verspätet mit dem Auto auf, finde die Tochter nicht mehr. Bin längst schon wieder naß bis auf die Knochen, als sie aus dem Haus tritt, sich entschuldigend: Sie habe sich während der langen Wartezeit verquatscht.
Mit´nem echt netten Jungen. „Nationalität?“ – „Hab ich nicht gefragt, jedenfalls Alewit. Der hat sich mit seinen Eltern verkracht und hat nun vom Jugendamt die Wohnung dort bekommen.“ – „Und ihr habt euch richtig gut verstanden?“- „Na, was heißt ´verstanden´. Der war total freundlich, konnte aber sehr schlecht deutsch.“- „Wie lange schon hier?“ – „Seit Geburt. Naja. Hat er sich auch entschuldigt für. Meinte so lachend: ´Das ist natürlich ein Problem, wenn man nur mit Ausländern zu tun hat. Erst die Eltern, dann die Freunde, so wird das halt nie was.´“ – „Und, was denkst Du? Problem benannt, Problem gebannt? Ich mein, wird er dran arbeiten, am Sprachproblem?“ – „Nö, eher nicht. Wieso auch, er kommt ja anscheinend auch so ganz gut durch, mit, haha, Mittelhochdeutsch.“


25. Juli 2016 – Ich habe in einem See schwimmen gelernt, vom Papa. Ich war das, was man eine Wasserratte nennt und konnte daher schon mit vier Jahren den sogenannten Frühschwimmer (einen Pinguin) mir an die Badehose heften. Der See hieß Schultheisweiher. Der Lokalpresse entnehme ich, daß es ebendort gerade zu einem tragischen Badeunfall gekommen sei. Im seichten Uferbereich sei ein 15jähriger „Deutsch-Äthiopier“ ertrunken. Nicht der Lokalpresse entnahm ich nun dies:
BILD erfuhr: Einen Tag nach der Tragödie tauchten zwölf Familienangehörige um 19 Uhr am See auf. Sie bedrohten die zwei Rettungsschwimmer: „Wir stechen Euch ab!“ (…) Noch im Weggehen drohen Clan-Mitglieder den Bademeistern: „Wir kommen wieder …“.
Der tragische Einzelfall, über die BILD-Regionalausgabe kaum bekannt geworden, ist natürlich aus sämtlichen Perspektiven bedauerlich. Was mir auffällt: „Schwimmenkönnen“ fehlt seltsamerweise in allen kanonischen Leitwertekanons. Auch im brillanten, fast-alles-abdeckenden Bestseller Die deutsche Seele von Thea Dorn/Richard Wagner hat es zwar Kapitel wie „Abendbrot“, „Wurst“ und „Spießigkeit“ aber nicht das essentielle „Schwimmenkönnen“.
Für mich ist die Schwimmerei und die Schwimmenkönnerei der Deutschen (man bedenke, daß nicht nur viele Polen, sondern beispielsweise auch viele Portugiesen trotz wirklich langer Küste schwimmunfähig sind)

[auch viele Italiener!!]

neben dem Fremdsprachenerwerb geradezu ein Symbol für die Anpassungsfähigkeit unseres Volkes. Sich fremden Elementen vertraut zu machen, sich im Fremden bewegen zu können – das ist ziemlich deutsch. Clan- und Vergeltungsdenken hingegen: eher undeutsch.


28. Juli 2016 – Im Schwimmbad. Sachsen-Anhalt. Jüngste Tochter absolviert heute das Seepferdchen. Hoch, hoch, hoch! Also muß sie auf den Dreier, trainieren für „Bronze“. Schwer zu sagen, ob die Bauchschmerzen daher rühren oder von der Eiskanonenbelohung.
Ältere Tochter: „Sind dieses Jahr schon auffallend viele Asylanten hier, und alle so extrem muskulös.“ Äh, wo? Mit Brille sehe ich sie dann: Vier Typen, oder fünf, die fröhlich toben, wohlgemerkt, unter rund zweihundert weißen Körpern. Mädchengespräch: „Stimmt, alle voll muskulös.“- „Ja, und die zwei dort haben krasse Narben.“- „Na, die haben wohl echt einen Fluchtgrund.“- „Weiß man nicht. Ich sag nur: So Araber prügeln sich eh öfter. Gewalt ist dort Friedensalltag.“ – „“Was’n das jetzt für eine Behauptung!?!“ – „Angelesen. Ich sag nur, man weiß es nicht. Vielleicht haben die sich auch nur an heißem Tee verbrüht.“ (Es spricht die, die’s immer in besonderem Maße wissen will.) – „ Man, und Du hast einen Sonnenstich, ja? Tee-Narben, ja?“ – „Ich sag nur, wir alle haben den Araber von morgen gelesen. Du hast vermutlich nur arrogant durchgeblättert, weil’s Dir zu wenig intellektuell war! Ich sag nur: Bildungslücke! Schlag nach bei Riad Satouff!“

Folgend: längere Diskussion darüber, ob die Fremdlinge aus Gründen der Freizeit („wenn du ein halbes Jahr nichts zu tun hast, kein Schulstreß, keine Lehre, kannst du dich deinem Körper ganz anders widmen“), der Kampf- und Arbeitserfahrung seit Kindheit oder der Genetik mehr Muckis haben als die autochthonen Altersgenossen. Ob „corpore sano“ Durchtrainiertheit umfaßt oder bloß einen soliden Lebenswandel. Ich, typisch unbedarft: „Also, gefallen die Euch?“ Drei Blicke aus halbgeschlossenen Lidern, seufzend: „Mama!“
Die den Comic nur durchgeblättert hat, verweist auf ein kompliziertes Kategoriencluster, wobei körperliche Fitness nicht gerade unter ferner liefen, aber eingebunden in vielfältige Überlegungen rangiert. Ich frage: „Und Du selbst erfüllst das alles und hättest also freie Wahl?“ – „Hab ich nie gesagt. Ich sprach vom Ideal.“ Wenn alle Stricke reißen, werde sie LKW-Fahrerin und freie Philosophin, notfalls unbemannt.

Mit dabei im Schwimmbad ein Besucher aus dem Westen. Er hat die Einlassung der Großen nicht mitbekommen und staunt: „Daß es so was noch gibt! Daß es sowas wirklich noch gibt! Ein proppenvolles Freibad in Deutschland, nur mit Deutschen! Ich glaub es nicht! Völlig irre,“ usw., usf. Unglaublich übrigens: Rund 20% der Westdeutschen waren noch nie im „Osten“. Für die ist das hier glatt „Ausland“. Weiß nicht, ob je abgefragt wurde, ob das die besonders „weltoffenen“ Wessis sind. Osten, a place to be. Wie handhabbar hier alles noch scheint!  Ellen Kositza

UMF in Gaukönigshofen



Sogenannte „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ verursachen Milliardenkosten. Derzeit steigt ihre Zahl sprunghaft an. Dabei sind die meisten älter als sie angeben.

Kann diese hässliche Fratze des Terrors wirklich erst 17 Jahre alt sein? Auf dem Bekenner-Video von Riaz Khan Ahmadzai, dem Mann, der mit einer Axt im Namen des IS fünf Menschen schwerstverletzte, blickt uns eine Person mit den ausgeprägten Gesichtszügen eines Erwachsenen entgegen. Auf Mitte Zwanzig schätzen ihn viele Beobachter. Dennoch behauptete der Mann, der vielleicht aus Afghanistan stammt, vielleicht aber auch aus Pakistan, bei seiner Einreise in Passau am 30. Juni 2015 erst 16 Jahre alt zu sein.

Als sogenannter „unbegleiteter minderjähriger Flüchtling“ (UMF) erfuhr Ahmadzai, der bei der Terrormiliz IS den Kampfnamen Muhammad Riyad trug, die massive Vorzugsbehandlung, die solchen Personen in Deutschland zuteil wird. Er kam zu einer Pflegefamilie, die im fränkischen Gaukönigshofen auf einem Bauernhof lebt. Flüchtlingshelfer betreuten ihn. Er spielte Fußball im örtlichen Verein, erhielt einen Praktikumsplatz in einer Bäckerei. Ahmadzai galt als bestens integriert bis zu jenem Abend des 18. Juli, als er in Ochsenfurt um 21 Uhr den Regionalzug bestieg und 15 Minuten danach seine entsetzliche, menschenverachtende Bluttat beging. Später in der Nacht wurde er von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei erschossen. Nachfolgende Untersuchungen der ermittelnden Behörden wecken erhebliche Zweifel an Namen, Alter und Herkunft des Täters. 

Der Fall Ahmadzai macht auf besonders erschreckende Weise die bizarre, verlogene und unsinnige Praxis deutlich, nach der in Deutschland mit jungen Asylbewerbern umgegangen wird. Wer sich mit dem Verfahren beschäftigt, fragt sich bald, wer hier eigentlich die unbedarften Kinder sind und wer die abgeklärten Erwachsenen. Keine Fluchtgeschichte erscheint zu unglaubwürdig, um nicht tiefste Betroffenheit bei den deutschen Entscheidern auszulösen. Mit kindlicher Naivität wird anscheinend geglaubt, was die jungen Menschen aus der Fremde vortragen. 

Dabei ist der Anreiz, sich den UMF-Status zu erschleichen, riesig. Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern und andere Erziehungsberechtigte nach Deutschland kommen, gelten als besonders schutzbedürftig. Die örtlichen Jugendämter nehmen sie zunächst in ihre Obhut. „Um ein gutes Aufwachsen sicherzustellen, werden sie anschließend bundesweit verteilt. Das Verteilungsverfahren wird innerhalb von 14 Tagen durchgeführt“, lautet die Direktive beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Den Minderjährigen „sollen Hilfen gewährt werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und die soziale Integration fördern.“ Dazu wird von den Familiengerichten ein Vormund oder Pfleger als rechtliche Vertretung des Minderjährigen bestimmt. Außerdem wird ein individueller Hilfeplan erstellt.
„Unbegleitete Minderjährige sind bei ihrem Weg in die Ausbildung häufig in ein Netzwerk aus sozialpädagogischer, rechtlicher und ehrenamtlicher Begleitung eingebunden“, heißt es stolz in einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit. 

Eine namenlose Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde wird in dem Text zitiert. Sie berichtet: „Dadurch, dass die ja meistens in einer Wohngruppe betreut werden und einen Amtsvormund haben, wird schon von da immer gesteuert, werden rechtzeitig Anträge gestellt. Die haben natürlich Betreuer an der Seite, die wissen, wie man mit Behörden umgeht.“
Stellen die Vormünder für ihre Schützlinge Asylanträge, werden diese zu 90 Prozent bewilligt. Ist dies nicht der Fall, wird durch die zuständige Ausländerbehörde meist eine Duldung ausgestellt. Ansonsten „berät die Ausländerbehörde über andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten“, ist in einem  Schreiben des BAMF nachzulesen.
Das alles ist generös, human, lobenswert und bei einem wirklich hilfsbedürftigen Kind sicherlich berechtigt. Aber es lädt gleichzeitig zu massivem Missbrauch ein. Fast alle Zuwanderer, die sich als minderjährig ausgeben, haben – was für ein dummes Missgeschick! – ihre Ausweispapiere bei der Flucht verloren. 

Per Augenschein, einem persönlichen Gespräch und – im Zweifelsfalle – einem medizinischen Gutachten versuchen die Mitarbeiter in den Aufnahmeeinrichtungen, das tatsächliche Alter des Ankömmlings herauszufinden.
Eine Senatsanfrage des Hamburger CDU-Bürgerschaftabgeordneten Christoph de Vries brachte schon 2014 ans Tageslicht, in welchem Ausmaß die Einlassbegehrenden schwindeln. Von den 1296 Zuwanderern, die ein Jahr zuvor Inobhutnahme beim Kinder- und Jugendnotdienst der Stadt begehrten, waren nach Überzeugung des zuständigen Landesbetriebs „Erziehung und Beratung“ 807 mindestens 18 Jahre oder älter.
Zwei Jahre später scheint den Verantwortlichen in Deutschland allerdings kaum noch etwas daran gelegen zu sein, dass wirkliche Alter eines Zuwanderers herauszufinden. Die medizinische Altersbestimmung anhand von Zahnentwicklung, Knochenwuchs und Ausprägung der Geschlechtsmerkmale gilt als unsicher. Für den Untersuchten sei sie zudem „unangenehm“, wenden die Zuwanderungs-Lobbyisten von Pro Asyl ein.
So sind in Deutschland derzeit mehr als 65000 „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ registriert. Ein finanzieller Albtraum für die Kommunen. „Die Kosten explodieren“, erklärte jüngst der Hauptgeschäftsführer des deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Weil jeden Monat pro minderjährigem Flüchtling 3000 bis 5000 Euro fällig würden, müssten die Kommunen schon jetzt schätzungsweise 2,7 Milliarden Euro zahlen. Landsberg forderte, den Betreuungsaufwand deutlich zu senken: „Es macht keinen Sinn, dass für die jungen Flüchtlinge die gleichen Bedingungen gelten wie bei der Jugendhilfe für schwer Erziehbare.“ Sie bräuchten keinen Sozialarbeiter, der sich rund um die Uhr um sie kümmere.

Das Deutsche Kinderhilfswerk widersprach umgehend. Kostensenkungen dürften nicht auf dem Rücken unbegleiteter Flüchtlingskinder durchgesetzt werden. Aller Voraussicht nach wird es also keine Kosteneinsparungen geben. Im Gegenteil: Die Zahl der Zuwanderer, die als UMFs in Deutschland unterkommen möchten, steigt derzeit wieder sprunghaft an. Der Passauer Landrat Franz Meyer bekannte jüngst, dass kriminelle Schleuser dafür gesorgt hätten, dass die Bal­kanroute wieder funktioniere. „Wir merken das vor allem an der Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge“, so der CSU-Politiker. Derzeit sei es wieder wie zu den Hochzeiten im vergangenen Herbst.     Frank Horns

Der Ruf, diskriminiert zu werden, eilt ihnen voraus




Das Bistum Regensburg hat rund 30 Asylbewerber aufgefordert, ein von ihnen besetztes Pfarrheim zu verlassen. Die Zigeuner hatten vor knapp drei Wochen erst den Dom besetzt und waren danach in ein Pfarrheim umquartiert worden.
In einem offenen Brief erhob Generalvikar Michael Fuchs nun schwere Vorwürfe gegen die vom Balkan stammenden Asylsuchenden und deren Unterstützer aus der linken Szene: „Nach all unseren Versuchen der Hilfe und Klärung, nach den unerfüllbaren Forderungen und massiven Drohungen der Gruppe, vor allem auf Grund der zunehmenden Gefährdungen und Verschlechterungen für die Gruppe ist ein weiterer Verbleib im Pfarrheim St. Emmeram nicht mehr verantwortbar.“
Es bleibe dem Bistum daher keine andere Wahl, als die Gruppe mit Verweis auf das Hausrecht aufzurufen, das Pfarrheim zu verlassen. „Sollte sie das Haus dennoch nicht verlassen, müßten wir als letztes Mittel eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch in Betracht ziehen“, warnte Fuchs.
Anfänglich seien 34 Asylbewerber in den Dom eingedrungen und hätten dabei angegeben, sie sollten abgeschoben werden. Später stellte sich jedoch heraus, daß nur drei Personen eine Aufforderung zur Ausreise erhalten hatten. Bis dies dem Bistum klar geworden sei, „wurde auch das Innere des Domes tagelang von verschiedenen Gruppen für Proteste für ein ‘Bleiberecht für alle’ gegen Abschiebungen benutzt“, klagte die Kirche. Dennoch habe man der vom Balkan stammenden Gruppe vorerst Unterschlupf geboten.
Später habe sich die Situation dann immer weiter verschärft. So drohten die Zigeuner mehrfach, ihre eigenen Kinder und sich selbst anzuzünden. Zudem hätten sich die Asylsuchenden über das Essen beschwert und gefordert, das Bistum solle ihnen Taschengeld zahlen. Während dieser Zeit stieg die Zahl der Personen auf 45 an.
Einen Hungerstreik brach die Gruppe nach wenigen Tagen ab, berichtet das Bistum:
Am Wochenende wurde eine Beendigung des Hungerstreiks an mehrfach wechselnde Bedingungen geknüpft, die das Bistum jedoch nicht erfüllen konnte. Am Samstag abend bereits wurde festgestellt, daß alle Erwachsenen der Gruppe das Abendessen einnahmen, am Montag morgen erklärte die Gruppe dann offiziell, den Hungerstreik „aussetzen zu wollen“.
Derzeit sind noch 34 Personen in dem Pfarrheim. Darunter 15 Minderjährige.  JF

Technik

Selbst die Landung des spektakulären Solarfliegers „Solar Impulse“ diese Woche in der Wüstenstadt Abu Dhabi nach einer Weltumrundung ohne einen Tropfen Kerosin schafft es kaum in die Schlagzeilen.  Fasbender

Donnerstag, 28. Juli 2016

Aufrichtigkeit

Ob ihr das Anwachsen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft Sorgen bereite, fragte ein kritischer Journalist die Kanzlerin auf der soeben zu Ende gegangenen Pressekonferenz. Ich hätte an ihrer Stelle geantwortet: Was wollen Sie? Wenn zehn- oder hunderttausende Rassisten und Fremdenfeinde schutzsuchend einwandern, wachsen eben auch Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft, und zwar sogar exponentiell. Oder wollen Sie die Leute draußen lassen?

Fremdenfeindlichkeit entsteht durch die Einwanderung von Fremdenfeinden; das ist übrigens ein guter Satz zur Gesprächseröffnung auf einer Party! Oder, um die ganze Sache noch in "wechselseitiger Schubumkehr" (U. Poschardt) dialektisch abzurunden: Fremdenfeindlichkeit kann Leben retten. Sehr gut auch: Man heilt Antikapitalismus am besten mit Investitionen. Optimismus ist die höchste Form der Verzweiflung. Und der Klassiker: Alle Macht ist gut.  MK am 28. Juli 2016

Kompetenz

Nach den Terroranschlägen von Ansbach und Würzburg ist die Angst vor weiterer Gewalt groß. Die JUNGE FREIHEIT hat mit dem Polizeiexperten Jan Timke über die Überlastung der Sicherheitsbehörden, die mangelhafte Überprüfung von Asylbewerbern und das Versagen der Politik gesprochen.
Herr Timke, die Terroranschläge von Ansbach und Würzburg schockieren Deutschland. Müssen wir uns an den Terror gewöhnen?
Timke: Ja, das steht leider zu befürchten. Gerade erst hat die Polizeibehörde Europol gewarnt, daß es in Europa mittlerweile mehrere hundert radikale Islamisten gebe, die bereit sein, Terroranschläge zu verüben. Deutschland steht neben Frankreich im Fokus der Extremisten, was durch die schrecklichen Anschläge der jüngsten Zeit auch der breiten Öffentlichkeit bewußt geworden ist. Die dürften aber erst der Anfang gewesen sein. Es ist leider mit weiteren Terrorakten in Deutschland zu rechnen.
Kann die Polizei uns noch schützen?
Timke: Seit dem Jahr 2000 sind deutschlandweit 16.000 Stellen sind bei der Polizei abgebaut worden. Diese Größenordnung entspricht der Personalstärke der Berliner Polizei. Ein derart dramatischer Aderlaß hat natürlich Folgen für die tägliche Arbeit der Polizei. In vielen Deliktbereichen wird Kriminalität nicht mehr bekämpft, sondern nur noch verwaltet. Die Polizei befindet sich mittlerweile im Wachkoma. Vor diesem Hintergrund ist es abwegig anzunehmen, die Polizei könne die Bevölkerung vor zukünftigen Attentaten umfassend schützen.
Warum fällt es den Sicherheitsbehörden so schwer, Islamisten unter den Asylsuchenden auszumachen und festzunehmen?
Timke: Die Asylsuchenden kommen nach wie vor unkontrolliert nach Deutschland. Wegen der Masse an Asylanträgen ist es den Mitarbeitern des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kaum möglich, Herkunft und Identität der Zuwanderer zu überprüfen, zumal über 70 Prozent ohne Personalpapiere einreisen. Trotzdem bleiben die meisten in Deutschland, erhalten vielfach einen Flüchtlingsstatus oder werden zumindest geduldet. In dieser Masse von Zuwanderern islamistische Gefährder zu identifizieren wäre für die Sicherheitsbehörden nur mit erheblichem Personaleinsatz möglich. An diesem Personal fehlt es aber.
Hinzu kommt, daß sich viele der Täter erst in Deutschland häufig über das Internet radikalisieren, und ihre Aktionen in kurzer Zeit vorbereiten und durchführen. Bis vor einigen Jahren war das noch anders. Früher haben sich Terroristen in Gruppen zusammengeschlossen und ihre Anschläge monatelang minutiös geplant, um eine möglichst große Wirkung mit internationaler Beachtung zu erzielen und in die Geschichtsbücher einzugehen.
Das beste Beispiel ist 9/11. Doch die Extremisten haben gelernt. Man hat erkannt, daß eine lange Vorbereitungen und viele Mitwisser die Gefahr erhöhen, von den Sicherheitsbehörden entdeckt zu werden, bevor der Anschlag ausgeführt werden kann. So wie bei der 2007 verhafteten Sauerland-Gruppe, die in Deutschland Sprengstoffattentate begehen wollte.
Heute geht die Gefährdung in erster Linie von Einzeltätern aus, die in ihrem Umfeld gar nicht als potentielle Attentäter wahrgenommen werden, weil sie sich unauffällig verhalten. Diese Terroristen setzen auch keine Schußwaffen oder Sprengstoff bei der Tatbegehung ein, sondern nutzen Alltagsgegenstände wie Messer, Äxte oder Fahrzeuge, die sie gegen weiche Ziele verwenden. Für die Sicherheitsbehörden ist es faktisch unmöglich, solche Taten zu verhindern.
Warum weist die Bundespolizei an den Grenzen Asylbewerber ohne Papiere nicht einfach ab?
Timke: Zwar läßt es das Asylgesetz grundsätzlich zu, Asylsuchende, die ohne Papiere und damit illegal in die Bundesrepublik einreisen wollen, an der Grenze zurückzuweisen. Allerdings ist diese Regelung nach herrschender juristischer Meinung nicht mehr anwendbar, weil die nationalen Vorschriften durch europäisches Recht und hier insbesondere die Dublin-Verordnung überlagert werden. Danach sind Flüchtlinge in den EU-Mitgliedsstaat zurückzuführen, der für die Bearbeitung des Asylantrags nach den Vorschriften der Dublin VO zuständig ist. Und das sind im Regelfall nicht unsere Nachbarländer, sondern die Staaten, in denen der illegal eingereiste Ausländer erstmals den Boden des Schengenraums betreten hat, also vor allem Griechenland, Italien und Spanien.
Was wir brauchen sind Aufnahmezentren an den Außengrenzen der EU z.B. in ausgewählten Staaten Nordafrikas auf Basis vertraglicher Vereinbarungen mit den Regierungen dieser Länder. Die Aufnahmezentren werden von der EU finanziert und ggf. in Kooperation mit der UNO überwacht, um menschenwürdige Bedingungen sicherzustellen.
Die Einrichtungen sollen als verbindliche Anlaufstelle für alle Zuwanderer fungieren, die aus Drittstaaten in die EU einreisen wollen und über kein Visum verfügen. Asylanträge können ausschließlich in diesen Zentren gestellt werden. Wer es dennoch andernorts tut, wird sofort in eines der Aufnahmezentren verbracht. Damit entfiele jeder Anreiz, sich auf die gefährliche Reise nach Europa zu machen. Dieses Modell würde nicht nur die Schlepperbanden arbeitslos machen, sondern auch unzählige Menschenleben retten.
Tatsächlich schutzbedürftige Menschen, deren Herkunft eindeutig geklärt werden konnte, werden aus den Aufnahmezentren auf sicherem Weg in die EU verbracht und dort nach einem bestimmten Schlüssel auf die Mitgliedsstaaten verteilt. Alle anderen sind in ihre Herkunftsländer zurückzuführen oder haben in den Zentren zu verbleiben.
Wenig zielführend ist dagegen der Vorschlag, daß Asylanträge zukünftig nur noch bei den diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland in aller Welt gestellt werden dürfen. Das würde die Zahl der Zuwanderungswilligen vervielfachen, weil sich niemand mehr auf die lange und kostspielige Reise nach Europa machen müßte, um Asyl begehren zu können.
Nach dem Zug-Attentat in Würzburg hat sich die Eisenbahngewerkschaft dafür ausgesprochen sogenannte „Train Marshalls“ einzusetzen. Also bewaffnete Zivilpolizisten, die Attentate in Zügen verhindern sollen. Was halten Sie davon?
Timke: Dieses Modell wird im Luftverkehr schon seit längerem praktiziert. Dort werden auf bestimmten Linien Flugsicherheitsbegleiter der Bundespolizei, so genannte „Sky Marshalls“, eingesetzt, die im Ernstfall das Leben von Crew und Passagieren schützen. Ob dieses Konzept allerdings auf den Bahnverkehr übertragbar ist und zu mehr Sicherheit beitragen würde, wage ich zu bezweifeln.
Bei etwa 32.000 Personenzügen, die täglich durch Deutschland fahren, könnte nur ein Bruchteil der Züge von „Train Marshalls“ begleitet werden. Außerdem gibt es schon jetzt eine Sicherheitskooperation zwischen den Polizeibehörden von Bund und Ländern und der Deutschen Bahn, die dazu geführt hat, daß deutlich mehr uniformierte Sicherheitskräfte auf Bahnhöfen und in Zügen unterwegs sind als das früher der Fall war.
Der Selbstmordattentäter von Ansbach war abgelehnter Asylbewerber. Die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert nun die Wiedereinführung der „Abschiebehaft“. Sollten abgelehnte Asylbewerber, die nicht ausreisen, grundsätzlich hinter Schloß und Riegel?
Timke: Die Abschiebehaft ist zweifellos ein probates Mittel, um abgelehnte Asylbewerber bis zu ihrer Ausreise in staatliche Obhut zu nehmen. Abschiebehaft sollte grundsätzlich für ausreisepflichtige Personen angeordnet werden, die bereits straffällig geworden sind oder im Verdacht stehen, extremistische Gefährder zu sein. Durch die Abschiebehaft könnte auch verhindert werden, dass abgelehnte Asylbewerber in die Illegalität abtauchen, bevor sie außer Landes gebracht werden können.
Aus der Union werden Stimmen laut, alle Asylbewerber von Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz in persönlichen Gesprächen durchleuchten zu lassen.
Timke: Forderungen dieser Art sind populistische Schnellschüsse aus den Reihen einer Partei, die seit Jahren den deutschen Innenminister stellt und durch falsche Prioritätensetzung und krasse Fehlentscheidungen maßgeblich zur derzeit schwierigen Sicherheitslage in Deutschland beigetragen hat! Fakt ist: Niemand kann in die Köpfe von Terroristen schauen, die sich auf persönliche Gespräche mit Vertretern von Sicherheitsdiensten natürlich vorbereiten und sie täuschen können. Außerdem fehlt auch für diese Maßnahme schlicht das erforderliche Personal.
Anstatt den Menschen mit solchen Vorschlägen Sand in die Augen zu streuen, müssen in Deutschland endlich konsequente Maßnahmen ergriffen werden, um der wachsenden Terrorgefahr zu begegnen. Zurzeit gehen die Sicherheitsbehörden deutschlandweit von etwa 1.100 potentiellen islamischen Terroristen aus, darunter auch ehemalige IS-Kämpfer, die aus dem Nahen Osten zurückgekehrt sind. Hinzu kommen ca. 9.000 Salafisten. Die Angehörigen dieses Personenkreises müssen – wenn immer rechtlich möglich – aus Deutschland abgeschoben werden. Die Botschaft muß klar formuliert sein: Wer die freiheitlich-demokratische Grundordnung unterwandern oder den Terror nach Deutschland bringen will, hat bei uns nichts zu suchen!

Jan Timke ist für die Bürger in Wut (BIW) seit 2008 Landtagsabgeordneter in Bremen. Zuvor arbeitete er als Polizeibeamter im BKA und bei der Bundespolizei.  Henning Hoffgaard

Mittwoch, 27. Juli 2016

Der nächste Anschlag kommt bestimmt

Lange nicht mehr hat man schamlosere Schreibtischtäter gesehen als die Willkommenskanzlerin. Ihre Asylpolitik der offenen Grenzen: Ein nationales und europäisches Desaster. Das Land: Zerrissen und gespalten durch aggressive Schwarz-Weiß-Propaganda, die mit „Dunkeldeutschland“ und „Dann ist das nicht mehr mein Land“ jeden Kritiker außerhalb der menschlichen Gemeinschaft stellt.

Und ihre auf Kosten der dauerbeschimpften Bürger ins Land geholten Gäste üben sich inzwischen nicht mehr nur im Alltagsterror gegen Frauen und Mädchen, die in Schwimmbädern und auf öffentlichen Plätzen zum Freiwild werden, sondern verüben Terroranschläge und Metzeleien, deren Blutspur sich durch das Land und selbst in kleinste Städte zieht.
Für Terroranschläge wie die von Würzburg und Ansbach tragen politische Schreibtischtäter, die die Täter ins Land gelassen und auf Kosten der Allgemeinheit päppeln und gewähren ließen, klar eine Mitverantwortung. In ganz Europa erkennt man diesen Zusammenhang, und nicht nur auf seiten der sogenannten „Rechtspopulisten“, die zur Ablenkung wieder mal als Buhmänner und Spielverderber hingestellt werden.

Aber Deutschlands Politiker verstecken sich lieber hinter dem Scherbenhaufen, den sie selbst angerichtet haben. Wo sonst beim ersten Verdacht auf fremdenfeindliche Gewalt im großen Chor das eigene Volk beschimpft und betroffenheitsschwanger an den Ort des Geschehens gepilgert wird, herrscht das große Schweigen.
Erst wenn schon Obama und Putin dem deutschen Volk kondoliert haben, läßt auch Stiefmutti ein paar verkniffene Sätze ausrichten. Bevor der Urlaub der Kanzlerin mal unterbrochen wird, muß es schon wenigstens drei-, viermal Tote und Verletzte gegeben haben. In der Zwischenzeit dürfen Pausenclowns wie der CDU-Generalsekretär groteske Jubelarien über das so glänzend eingelöste „Wir schaffen das“ zum Besten geben, wie sie weltfremder auch ein Leitartikler von der Prawda sich nicht hätte ausdenken können.

Es ist noch gar nicht so lange her, da mußten Bundesminister zurücktreten, weil sie bei ihrer Doktorarbeit gemogelt oder gutgläubig ein Dienstgeheimnis weitergegeben hatten. Ginge es in Deutschland mit rechten Dingen zu, müßte es jetzt Rücktritte in Serie hageln. Die Kanzlerin, die für den Import von Terror und Gewalt die Hauptverantwortung trägt.
Bundesjustizminister Maas, der den Zusammenhang zwischen unkontrollierter Masseneinwanderung und steigender Terrorgefahr hartnäckig und dreist ignoriert und weggelogen und statt dessen einen Repressionsapparat gegen Kritiker der oktroyierten „Willkommenskultur“ aufgebaut hat. Oder der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), in dessen Verantwortung die Nicht-Abschiebung des längst rechtskräftig abgelehnten Ansbacher Attentäters fällt. Die Liste läßt sich beliebig verlängern.

Schon klar, Politiker kleben an ihren Sesseln wie Pattex. Ohne Druck kriegt man sie da nicht weg. Um so grotesker, daß von Rücktrittsforderungen weit und breit nicht mal was zu hören ist. Von wem auch? Von Seehofers CSU? Die steckt ja selbst viel zu tief mit drin. Von der grün-linken Bundestags-„Opposition“? Die klammert sich noch fanatischer an den Willkommenszirkus. Wenn da einer mal einen lichten Augenblick hat und Selbstverständlichkeiten ausspricht wie die Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, setzt es Prügel aus den eigenen Reihen.

Und die Stromlinien-Medien, die sich so gern als „vierte Gewalt“ aufspreizen? Die helfen noch linientreuer beim Vertuschen, Beschwichtigen und Schönreden des Offensichtlichen als das Neue Deutschland zu Honeckers Zeiten.
So manchen beschleicht da der Verdacht, daß die gefährlichsten Amokläufer in den Regierungen und Parlamenten sitzen. Solange keiner die Schreibtischtäter aufhält, machen sie einfach weiter. Der nächste Anschlag kommt bestimmt.  Michael Paulwitz

Köstlich tröstlich

«Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?» – Die herausfordernde und nicht ganz leicht zu beantwortende Frage geistert, in mancher Variante, schon so lange durch die Geistesgeschichte, dass die Geister sich an sie gewöhnt zu haben und sich von ihr kaum noch beunruhigen zu lassen scheinen. Doch immer wieder hält einer inne, lässt sie nachklingen im Ohr und fragt sich: «Ja, warum eigentlich?»
Einer dieser Innehaltenden ist Ludger Lütkehaus. Er hat zwar vermutlich auch keine Antwort auf die Frage, aber er hat ein gewichtiges Buch geschrieben, das «Nichts» betitelt ist und sich dem Abgrund, über dem jene Frage schwebt, weit öffnet. So weit, dass die Beunruhigung, die aus ihr kommt, vom Leser Besitz ergreifen könnte – wäre da nicht ein Humor, der seine Verwandtschaft mit dem Sarkasmus nicht verleugnet und für gelegentliche Spannungsentladung sorgt, und wäre da nicht überdies das gewissermassen therapeutische Bestreben des Autors, sich selbst und den Leser von der Angst vor dem Nichts zu befreien. Vor einem Nichts, das auf der letzten der 758 Seiten des Werkes nicht mehr groß-, sondern kleingeschrieben ist: so, als wäre es mit dem Nichts nichts mehr.

Die Angst vor dem Nichts, dies eine der durchaus dialektischen Thesen des Buches, habe in der Geschichte des sogenannten Abendlandes zu einer fatalen «Seins- und Schaffensobsession» geführt, zu einem Selbsterhaltungs- und Selbststeigerungswahn, der ebendieses Abendland nur umso sicherer und ironischerweise an den Rand der totalen Katastrophe, der Selbstauslöschung, gebracht habe.

Als das Werk in erster Auflage erschien, im Jahr 1999, war Ludger Lütkehaus bereits – durch Editionen und Interpretationen – einschlägig bekannt: als einer, der mit Schopenhauer wie mit Nietzsche, mit Freud wie mit Heidegger und Günther Anders auf vertrautem, wenngleich nicht in allen Fällen freundschaftlichem Fusse steht. Und sein Name war, natürlich, längst schon der Leserschaft der NZZ geläufig: «LL» war und ist, als Rezensent wie auch als Essayist, einer jener hochgeschätzten freien Mitarbeiter, ohne die es ein Feuilleton gar nicht geben könnte. Neben philosophischer und psychologischer ist es auch «schöne» – insbesondere chinesische – Literatur, die der unermüdliche Kritiker sich zu Gemüte führt. Seiner akademischen Herkunft nach Literaturwissenschafter (mit zwei Qualifikationsschriften über Friedrich Hebbel), lehrt Lütkehaus nebenbei als Honorarprofessor für neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität in Freiburg im Breisgau. Nicht nur als Literaturwissenschafter, auch als Literat, als Erzähler und Aphoristiker ist er in Erscheinung getreten.
Den familiären Hintergrund des 1943 im niedersächsischen Cloppenburg Geborenen, das lässt eine Kindheitserzählung erahnen, die unter dem Titel «Kindheitsvergiftung» publiziert worden ist, darf man sich nicht als glückliche Herkunftswelt vorstellen. Einer rigiden – katholischen – Religiosität des Umfeldes ist wohl auch die Aversion gegen falsche Tröstungen und eingeredete Ängste geschuldet, die ihre positive – und heitere – Entsprechung in Sympathien für buddhistische und andere Weisheitslehren gefunden haben mag.
Am heutigen 17. Dezember jährt sich der Tag, an dem Ludger Lütkehaus – nun muss es doch so gesagt werden – das Licht der Welt erblickt hat. Dass er ist und nicht vielmehr nicht, das ist – jedenfalls für die, die das Geburtstagskind kennen – entschieden erfreulicher, als wenn es sich anders verhielte.  NZZ

Mut zu Information und Emotion

Besorgte Deutsche wurden diffamiert oder als „Wutbürger“ verhöhnt. Jetzt tritt ein, was sie frühzeitig kommen sahen.
Mit den Terror-Attentaten von Würzburg und Ansbach hat begonnen, wovor die PAZ bereits auf dem Höhepunkt der Asylflut im vergangenen Jahr warnte: Dass der unkontrollierte Zuzug von einer Millionen oder mehr Menschen aus dem Orient in einen „blutigen Wahnsinn“ münden dürfte.

Bestätigen sich weitere Befürchtungen dieser Zeitung von 2015, dann war dies erst der Anfang. Die Sorge galt insbesondere den Hundertausenden junger Männer, die, von „Willkommenskultur“ und absurden Erwartungen angelockt, in Deutschland angekommen alsbald in ein Loch tiefster Enttäuschung stürzen würden. So schrieb die PAZ Anfang Oktober: „Wenn diese dann in schäbigen Massenlagern enden, wachsen in ihnen Enttäuschung, Wut und Aggression. Hinzu kommen die Konflikte ihrer Heimatländer, die sie mitbringen, und Hass auf Nichtmuslime.“
Damals verurteilten Politiker und ein Großteil der Medien solche Warnungen als das „Schüren diffuser Ängste“, gar als „rassistische Hetze“. 

In dem Selbstmordattentäter von Ansbach aber ist genau jene Saat aufgegangen, welche die weitsichtigeren Warner schon vergangenes Jahr keimen sahen. Es ist einerseits die völlig andere Kultur der Neuankömmlinge, welche sie von den Deutschen trennt, aufgeladen durch eine archaische Religion, deren Anhänger weltweit immer stärker ins Extreme abgleiten. Zum anderen hat sich das Ausbildungsniveau der allermeisten Asylsucher schon sehr schnell als derart kläglich herausgestellt, dass die große Mehrheit jener Orientalen ausgeschlossen sein wird von jenem Wohlstand, der ihnen in Deutschland tagtäglich begegnet.
Der Selbstmordattentäter von Ansbach war seit 2014 hier. „Enttäuschung, Wut und Aggression“ haben zwei Jahre benötigt, um von dem Mann vollends Besitz zu ergreifen. Wie viele Zeitbomben mögen sich unter den dreimal so vielen Menschen verstecken, die 2015 bei uns angekommen sind?
Und der Täter von Würzburg ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die glauben, mit gutem Willen, viel Geld und ausreichend Integration lasse sich jeder noch so breite kulturelle Graben überwinden. Das mag beim einen funktionieren, beim anderen tut es dies nicht.
Die nächste Zukunft lässt Düsteres ahnen. Die Geschichte zeigt, dass der Übertreibung in die eine Richtung nicht Maß und Mitte, sondern – dem Pendelschlag gleich – die Übertreibung in die andere Richtung folgt. 

Der Dramaturg Botho Strauß schrieb bereits vor mehr als 20 Jahren, er fürchte weniger, dass Deutschland zum größten Einwanderungsland Euro­pas werde. Sondern dass es, als nachfolgende Konsequenz, zum größten Deportationsland des Kontinents mutiere. Mit jedem weiteren radikal-islamischen Terroranschlag in Deutschland rückt ein solcher Pendelschlag ins andere Extrem näher.     Hans Heckel



Die Schlagzahl der Schreckensmeldungen in Europa erhöht sich. Geiselnahme und Massenmord islamistischer Terroristen während eines Konzerts; die Ermordung Dutzender Kinder, Frauen und Männer auf einer Promenade am französischen Nationalfeiertag; ein Amokläufer, der mordend durch eine Großstadt läuft; ein mutmaßlich minderjähriger Asylbewerber, der in einem Regionalzug mit Axt und Messer auf Reisende losgeht; die Islamisten, die einem Priester in der Kirche die Kehle aufschlitzen; sie alle eint die Abscheulichkeit ihrer Tat und die Brutalität der Bilder, die sie hinterlassen.

Sollten Behörden Tatfotos und -videos an die Medien weitergeben und Bürger direkt mit der schieren Unmenschlichkeit der Motive konfrontieren? Sollen die Täter-Fotos ganze Titelseiten einnehmen und tagelang in der Presse kursieren? In Frankreich ist nach dem Terroranschlag von Nizza eine Diskussion darüber entbrannt.
Ein 18 Jahre alter Schüler hat eine Internetpetition gegen die Veröffentlichung von Terroristenporträts gestartet. Über 60.000 Menschen stimmten dem jungen Mann zu und setzten ihre Unterschrift unter die Forderung. „Was bringt es uns, die Identität eines Massenmörders zu kennen? Warum machen wir aus ihnen Superstars?“ Die Frage ist berechtigt, scheint man den Tätern gerade damit in die Karten zu spielen, wo doch eine größtmögliche Publicity oft zu ihren Zielen gehört.

Der Schein trügt. Dank Internet und sozialer Netzwerke sind Terrororganisationen und einzelne Täter ohnehin nicht mehr auf klassische Medien angewiesen, um ihre Taten öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen. Es geht um mehr. Es geht um die Bevormundung, dem einfachen Bürger nicht zuzutrauen, Details und Bilder von Tat und Täter zu ertragen ­­– und es geht um Emotionen.
Eine französische Polizistin ging jetzt mit der brisanten Information an die Öffentlichkeit, sie sei aus dem Innenministerium angehalten worden, ihren Bericht über das Polizeiaufgebot in Nizza abzuändern und Überwachungsvideos zu löschen. Nachdem sie ablehnte und den Bericht über die Auswertung der Videos zu Nizza abgeliefert hatte, habe sie die Antiterror-Abteilung des Innenministeriums aufgefordert, diejenigen Videos zu löschen, „die den Anschlag gefilmt haben“. Begründung: Die Bilder sollten nicht an die Öffentlichkeit gelangen.

Meldungen über Terroranschläge emotionalisieren: Haß, Wut, Angst, Trauer, Hilflosigkeit ­– es hätte jeden treffen können. Schlimme Details läßt man da am besten weg, die Leute sind ohnehin schon aufgebracht. Und doch verlangen die Bürger nach solchen Informationen. Sie sind wichtig. Ob das Foto eines Täters oder Hintergründe und Vorgehensweise: sie helfen, das sprichwörtlich Unbegreifliche greifbar zu machen.
Das Volk, das sich einem aufgezwungenen Terror stellen muß, kommt auch mit dessen Brutalität zurecht, ohne daß sich ein aufgebrachter Mob zusammenrottet und Unschuldige jagt. Terroranschläge, das zeigen die jüngsten Beispiele, können jeden treffen. Sie beängstigen gerade wegen ihrer Wahllosigkeit und Spontanität. Deshalb hat auch jeder das Recht, alle Details darüber zu erfahrenLukas Steinwandter


Transparenz


Dienstag, 26. Juli 2016

Sag und wir töten, befiehl und wir sterben

Wegen zu vieler Ungereimtheiten verdächtigen viele den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, den Putsch von Teilen der Streitkräfte gegen ihn selbst organisiert zu haben.

Mit einem wie einstudiert erscheinenden Ritual trat Präsident Erdogan acht Stunden nach Beginn des Putsches gegen ihn am Flughafen von Istanbul vor die Presse. Eine gefühlte Ewigkeit lang blieb er vor seinen skandierenden Anhängern stehen, die riefen: „Sag und wir töten, befiehl und wir sterben.“ Und immer wieder: „Allahu akbar!“, den Schlachtruf der Islamisten, den man von den Terrorschauplätzen dieser Welt, aus Syrien und dem Irak, kennt. 

Zusammengetrieben wurden die Massen durch die Muezzine der Moscheen Istanbuls, die das Volk die ganze Nacht über mobilisiert hatten und die sich als die stärksten Anhänger Erdogans erwiesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Putsch, der mit der sinnlosen Sperrung der beiden Bosporusbrücken durch Kampfpanzer begonnen hatte, bereits gescheitert, der Gegenputsch bereits ein voller Erfolg.
Der versuchte „Putsch“, der offenbar von einer Gruppe Offiziere der zweiten Reihe, wohl hauptsächlich aus der Luftwaffe und der Marine, dilettantisch begonnen worden war, wurde mit einem Gegenputsch und vielen Säuberungen gekontert. Zu Gefechten kam es nur im Parlamentsgebäude, dem Generalstabsgebäude der türkischen Armee und dem Hauptquartier der paramilitärischen Sondereinheiten. Insgesamt waren knapp 300 Menschenleben zu beklagen.

Die eingeübte Show am Flughafen war nicht Erdogans erster Auftritt in dieser Nacht. Schon kurz vor Mitternacht, als alle Welt über die Hintergründe noch im Dunkeln tappte, hatte er von seinem Urlaubsort Bodrum aus per Handyvideo bereits den Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen im Privatsender CNN-Türk die Schuld am Putsch gegeben. Das war nicht überraschend, denn Erdogan sieht nicht im Militär, sondern in dem Prediger und seinen Netzwerken seit Jahren seine gefährlichsten Widersacher.

Gülen befürwortet die Säkularisierung, die Erdogan rückgängig machen möchte. Bekannt ist sein Satz „Baut Schulen, nicht Moscheen“. Gülens Anhänger gründeten Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Wohlfahrts- und Medienorganisationen in vielen Ländern, während Erdogan selbst keinen Hochschulabschluss vorweisen kann. Mit Erdogan verband Gülen jedoch lange ein gutes Verhältnis. Mit seiner Hilfe gründete Erdogan seine islamisch-konservative AKP, mit der er 2003 die Macht errang, als Gülen bereits in den USA lebte. Gülens Anhänger besetzen wegen ihrer hohen Bildung auch unter Erdogan wichtige Ämter im Staat, er verfügt über ein großes Netzwerk und viel Einfluss, vor allem in der Verwaltung. 

2013 kam es wegen der friedlichen Proteste im Istanbuler Gezi Park zum Zerwürfnis, nachdem Gülen deren brutale Niederschlagung kritisiert hatte. 

Erdogan schloss daraufhin einen Großteil von Gülens Hizmet-Schulen und ließ viele Gülen-Anhänger unter Polizisten, Staatsanwälten und Richtern und Journalisten entlassen oder versetzen. Gülen und seine Bewegung werden seitdem als Terroristen verfolgt, obwohl seine Anhänger nie Bomben gebaut oder zu religiösem Hass aufgerufen haben. Nach dem gescheiterten Putsch verlangt Erdogan die Auslieferung des 75-Jährigen aus den USA, wo er seit 1999 im selbst gewählten Exil lebt.

Möglicherweise habe Erdogan die Putschnacht vom 15. auf den 16. Juli selbst organisiert, sagte Gülen noch in der Nacht der „New York Times“. Verdächtigungen in diese Richtung hatten sich im Laufe der Nacht schnell verdichtet. Grund war vor allem die stümperhafte Ausführung des Putsches, der von allen Parteien verurteilt wurde und keine politische Basis hatte. Fast wie nach Drehbuch schienen die Ereignisse abzulaufen, insbesondere der auf den Putsch folgende Gegenputsch mit seiner großen Verhaftungswelle von 6000 Regierungskritikern anhand von Listen, die lange vorbereitet waren. Nur die Hälfte der Verhafteten waren Militärs, die anderen Juristen, Journalisten und Professoren, die nichts mit dem Putsch zu tun hatten.

Die Unterstützung des Westens für Erdogan während des Putsches war lauwarm. Stundenlang gab es aus den westlichen Hauptstädten keinerlei Reaktionen. Washington und der Westen waren komplett überrumpelt und versuchten zu verstehen, was da in der Türkei ablief. Während Europa Erdogan wegen seines Flüchtlingsdeals noch braucht, hat er in Washington so gut wie jeden Kredit verspielt. US-Präsident Barack Obama hatte einst gehofft, Erdogan könne so etwas wie ein demokratischer Brückenbauer in die arabische Welt werden. Doch stattdessen hat er die dortigen Konflikte mit seinen osmanischen Großmachtgelüsten zusätzlich angefacht.

Der ehemalige US-Nahost-Unterhändler Aaron David Miller schrieb vor dem Scheitern des Putsches auf Twitter: „Erdogan war ein Größenwahnsinniger, der dabei war, ein großartiges Land zu zerstören. Wer wird ihn vermissen?“ Erst als Erdogan in der Nacht die Kontrolle über das Geschehen zurückzugewinnen schien, kamen die ersten Lippenbekenntnisse zur Verurteilung des Putsches aus dem Westen. Nun wollte sich niemand den Zorn von Sultan Erdogan zuziehen.    Bodo Bost

Der Weg der Männer




Modern(d)

Aspekte

Eins.Eine der ersten politischen Reaktionen auf das Münchner Massaker war der Ruf nach weiterer Einschränkung des privaten Schusswaffenbesitzes. – Es gibt ein Land, da versucht man, den Konsum von Chrystal Meth durch Alkoholverbote zu bekämpfen, dort hält man legalen Waffenbesitz für bedenklicher als illegalen.

Zwei.
Jemand sagte: "Den richtigen Drive bekäme die ganze Einwanderungsdebatte doch erst, wenn sich ein Selbstmordattentäter auf einem Grünen-Parteitag in die Luft sprengte."

Drei.
Die Frage, ob eine Gewalttat mit dem Islam zu tun hat, ist sekundär; die primäre Frage muss heißen: Hat sie etwas mit Einwanderung zu tun?

Vier.
"In Nizza und Würzburg ist eine neue Form des Terrors sichtbar geworden: Jeder kann Opfer werden. Und jeder Täter." Mit diesem Vorspann speichelt die Zeit einen Gastbeitrag von Herfried Münkler ein, zu dessen Ehrenrettung man sagen muss, dass er solchen Kirchentags-Schmonzes nicht wirklich einlöst. Und nun warten wir alle darauf, dass eines der Testosteron-Strickliesel aus der Zeit-Redaktion sein bzw. ihr Täterschicksal triumphierend erfüllt.

Fünf.
Ob nun aus Solidarität oder aus Ehrgeiz; wenn die schönen Seelen im Helmut-Schmidt-Mausoleum wähnen, die trendigste Zeile formuliert zu haben, legt die Nachbarschaft-Guerilla sofort routiniert nach. "Gab es in Frankreich erneut einen terroristischen Anschlag?", fragte Spiegel online gegen 13 Uhr. Zwei "Männer" haben im französischen Saint-Étienne-du-Rouvray einen 86jährigen Pfarrer geköpft und einige Nonnen als Geiseln genommen. Stundenlang rätselte man speziell in Hamburg und bei den Grünen über die Motive der Täter (waren sie vielleicht als Buben von hartherzigen Nonnen gequält worden?), inzwischen – wir schreiben 15.19 Uhr – hat die Geiselname "offenbar einen terroristischen Hintergrund" bekommen; warum jene und nicht der enthauptete Geistliche die Hauptmeldung darstellt, gehört zu den (wahrscheinlich aber edlen) Mysterien der Lückenbranche.

Sechs.
Eigentlich kam als Schlagzeile der Woche ja nur Bernd Zellers "Zentralrat der Einzeltäter lobt Karikaturen" in Frage (hier), doch heute steuert Leser *** die womöglich noch bessere Zeile bei: "Flüchtling findet Nibelungenschatz und gibt ihn zurück".

Sieben.
"Wer könnte Ihnen einen Befehl abschlagen, Teuerste!"
(Neulich bei der Bundeswehr.)

Aus!
Nein, einer geht noch:
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, sagte gegenüber dem Handelsblatt: "Wir können alle klug reden. Aber keiner von uns hat eine Ahnung, was die Flüchtlinge zu Hause und auf ihrem Weg zu uns erlebt haben." In Rede stand übrigens die parteiinterne Auseinandersetzung mit Sahra Wagenknecht, die nach dem Terroranschlag von Ansbach unterstellt hatte, dass eins plus eins zwei sei (hier), ein unter Linken bekanntlich seit ca. 1789 erheblichen Grimm auslösender Gedanke. Deutschland habe stattdessen, so Sitte, eine "humane und zivilgesellschaftliche Antwort" zu geben, damit die geflüchteten Schutzsuchenden solche Erfahrungen verarbeiten könnten. Sollte ein Seliger seine Erfahrungen jemals an Frau Sitte verarbeiten dürfen? Nein, das ist eher unwahrscheinlich. Warum? Darum.   (MK am 26. 7. 2016)

Saint-Etienne-du-Rouvray

Zwei Täter drangen am Vormittag in die Kirche von Saint-Etienne-du-Rouvray ein und nahmen fünf Geiseln. Sie waren mit Messern bewaffnet, töteten den 86 Jahre alten Priester, der die Messe halten wollte, und verletzten eine weitere Person so schwer, daß die noch in Lebensgefahr schwebt.

Die Männer bezeichneten sich als „Soldaten des Islamischen Staates“. Die französische Polizei konnte die Geiselnahme beenden und tötete beide Terroristen.
Seiner Betroffenheit Ausdruck zu verleihen wie Staatspräsident Hollande oder die Tat als „barbarisch“ zu bezeichnen, wie das der französische Regierungschef Valls oder der Papst getan haben, genügt aber nicht. Denn es geht keineswegs um irgendeinen besonders brutalen Gewaltakt, sondern um einen, der einen besonderen religiös-politischen Hintergrund hat.

Die Täter wählten eine traditionsreiche Kirche als Schauplatz und einen Priester als Opfer. Sie haben ihn nicht auf irgendeine Weise getötet, sondern die Kehle durchgeschnitten. Wenn das von Islamisten bevorzugte Enthaupten mit der Idee der Hinrichtung eines Schuldigen zu tun hat (Sure 47.4: „Wenn ihr jedoch die trefft, die ungläubig sind, dann schlagt sie auf den Nacken, bis ihr sie ganz besiegt habt.“), dann das Durchschneiden der Kehle mit der Abschlachtung eines Wesens, das kein Mensch ist. Vieh tötet man auf solche Weise, damit es ausblutet. 

Die bizarren Debatten in islamistischen Kreisen über die Frage, ob Ungläubige ein scharfes Messer verdienten, ob nicht ein stumpfes genüge, sprechen für sich. Dasselbe gilt für die Kontinuität, in der der Anschlag von Saint-Etienne-du-Rouvray steht. Jene Kette von Verfolgungen, Massakern und Morden an einzelnen, denen Christen seit Beginn des 20. Jahrhunderts von islamischer Seite ausgesetzt sind.

Gemeint ist: die Unterdrückung und Tötung armenischer und griechisch-orthodoxer Christen in der Türkei seit dem Ersten Weltkrieg ebenso wie die Menge der Angriffe vor allem auf Priester, Mönche und Nonnen, aber auch auf Laien, in nord- und schwarzafrikanischen Ländern seit der Zeit der Entkolonialisierung, und gemeint ist selbstverständlich auch die Ermordung von Christen in Syrien durch den Islamischen Staat, wo sie versklavt, erschlagen, erschossen und gekreuzigt werden und man ihnen vor laufender Kamera die Köpfe abschlägt und die Kehlen durchtrennt.

Wir wissen nicht, wie Pater Jacques Hamel gestorben ist. Ob er seinen Tod als Zeugentod aufgefaßt hat, wird ein Geheimnis zwischen ihm und seinem Schöpfer bleiben. Hier geht es um die Frage der irdischen Dimension. Und wenn man die in der vorgeschlagenen Art und Weise beantwortet, wird das Widerspruch finden. Erwartbaren Widerspruch insofern, als es zu den geltenden Sprachregelungen gehört, daß Angriffe der Islamisten entweder auf nicht zurechnungsfähige Personen zurückzuführen sind oder kein Zusammenhang mit anderen ähnlichen Gewaltakten besteht und jedenfalls den Islam keine Verantwortung trifft.

Die Perspektive der Täter ist eine ganz andere. Für sie geht es um einen seit mehr als tausend Jahre dauernden Konflikt, und bei dem Mord von Saint-Etienne-du-Rouvray um einen weiteren Kriegsakt. Vielleicht sollte man diese Deutung ernster nehmen, ernster jedenfalls als bisher üblich. Denn in dem kleinen Ort vor den Toren Rouens wurde nicht irgendein Individuum an einem beliebigen Platz getroffen, hier ging es um die Vernichtung eines Glaubens und seines Repräsentanten.
Hier ging es keineswegs um einen Angriff auf Allgemeinheiten wie „die Freiheit“, „die Menschlichkeit“, „die Zivilisation“, „die westlichen Werte“, hier ging es um einen Angriff auf das Christentum, auf die Kirche, auf Europa und die Europäer. Es wird nicht der letzte dieser Angriffe sein, andere und schwerere werden folgen, und was die Abwehr so schwierig macht, ist die Tatsache, daß der Feind längst diesseits der Mauern steht: Wie die französischen Behörden bekanntgaben, gilt Saint-Etienne-du-Rouvray seit Jahren als islamistische Hochburg.  Karlheinz Weißmann

Nach und nach




Deutsche Schwimmbäder scheinen sich derzeit bei Einwanderern aus vielfältigen Gründen großer Beliebtheit zu erfreuen. Neben dem natürlichen Wunsch nach Abkühlung besteht vielleicht jene besondere Anziehungskraft des Wassers, das auf Völker kargerer, sonnenverbrannter Landstriche seine eigentümliche Faszination auszuüben vermag. Und dann ist da noch die nackte Haut junger Frauen und Mädchen, die man einerseits begehren, andererseits verdammen kann. Ein beinahe bigotte Schizophrenie, die ihre Ursache in einer spezifischen religiös-kulturellen Sexualmoral hat.

Haben dieser Tage überdrehte junge Migranten in Kirchheim/Treck mehrere minderjährige weibliche Badegäste sexuell belästigt und teilweise gar ausgezogen, so störte sich im FKK-Bereich des Freibades Xantener Südsee eine Gruppe bärtiger Muslime wiederum gerade am Zuviel an textilloser Haut.

Frauen wurden dort unter anderem als „Schlampen“ beschimpft, die „Ausrottung“ von „Ungläubigen“ angedroht, und zwischendurch wurde dabei „Allahu akbar“ („Gott ist groß“) gerufen.
Nun dürften nicht mehr viele der betroffenen Badegäste, aber erst recht kaum einer der zu uns gekommenen „Neubürger“, wissen, daß FKK ein bedeutendes deutsches Kulturgut darstellt, das im Laufe der Lebensreform-Bewegung um 1900 entstand. Die Beschimpfungen gegen die Freibad-„Schlampen“ treffen also unsere Kultur im Prinzip stärker ins Mark als eine blutige Attacke in einer McDonalds-Filiale.

Die deutsche Lebensreform-Bewegung versuchte um 1900 mit zahlreichen Vereinen und Gruppierungen eine Antwort auf die Entfremdungen der industrialisierten Lebenswelt zu geben. Zivilisationsschäden sollte durch eine Rückkehr zu naturverbundenen Lebensweisen Einhalt geboten werden. Viele Dinge, die uns heute alltäglich erscheinen, sind Ergebnisse der damaligen Überlegungen. So beschäftigte man sich mit ökologischer Landwirtschaft, Schrebergärten, Vegetarismus, Naturheilkunde, Vollkornprodukten.
Die heutige luftige Kleidung ohne Korsagen und zahlreiche Unterröcke ist auch ein Resultat der damaligen Bemühungen. Ebenso die Reformpädagogik und die Einrichtung von Landschulheimen. Alkohol, Nikotin, Kaffee, aber auch Zucker gerieten hingegen in die Kritik. Wissenschaftler streiten heute darüber, ob die Reformbewegung modern oder gar „reaktionär“ war. Jedenfalls umfaßte sie ein breites politisches Spektrum, zu dem durchaus „völkisch“-nationale Vertreter gehörten.
Auch die Freikörperkultur wurde von Vertretern der Lebensreform-Bewegung begründet, darunter die Künstler Karl Wilhelm Diefenbach und Fidus sowie der Publizist Heinrich Pudor. Es ging den FKK-Anhängern um „strenge Leibeszucht“ und eine Abkehr von zivilisatorischen Degenerationserscheinungen. Heute würde man von Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Körper reden, der bei frischer Luft und Sonnenlicht gesunden sollte.

Zahlreiche dieser Errungenschaften der deutschen Lebensreform könnten nun im Zuge einer Islamisierung der Gesellschaft zumindest zurückgedrängt werden. Die Kritik an Alkohol oder die Schrebergärten wären davon wohl nicht betroffen. Sehr wohl aber könnten reformpädagogische Bemühungen im Gefolge des Zuzugs bildungsferner Schichten ihren gesamtgesellschaftlichen Anspruch einbüßen. Zwar wird es noch sehr lange dauern, bis luftig-leichte Kleidung für Frauen aus den Bekleidungsgeschäften verschwindet, aber ein gewisser Gegentrend ist mit der Zunahme von Ganzkörperverhüllung, Kopftüchern, Tschadors oder gar Burkas im Straßenbild wahrnehmbar.
Vegetarismus ist heute vor allem ein Thema für jüngere Kritiker der Massentierhaltung aus dem urbanen Bürgertum. Es ist zumindest möglich, daß auch das Wachstum dieser Tendenz durch die demographische Entwicklung gestoppt wird. Der Veggie-Burger wird dann gegenüber Halal-Fleisch, Döner Kebap und Köfte nur in der Randposition verharren, statt zum großen Siegeszug anzusetzen.
Vor allem aber dürfte der ungezwungene Umgang der Geschlechter unter der Islamisierung deutlich leiden. So war es eine Errungenschaft der mit der Lebensreform verbundenen Wandervogel-Bewegung, das Jungen und Mädchen ungezwungen miteinander ihre Freizeit verbringen und verreisen können. Gerade diese Gemeinsamkeit der Geschlechter wird aber von muslimischen Eltern häufig in Frage gestellt.

Noch gibt es Urteile, zum Beispiel zum gemeinsamen Schwimmunterricht, die einer Trennung der Geschlechter entgegen wirken, doch ist nicht sicher, wie lange eine solche Position bei möglicherweise wachsendem Druck aus der Elternschaft aufrecht erhalten wird.
Auch bei der Freikörperkultur könnte die Faktizität der gesellschaftlichen Verhältnisse zu deren langsamen Ende führen. Das müßte, ähnlich dem Schweinefleisch, gar nicht in der unbeliebten Vorgehensweise mittels Verboten geschehen, die das Außenbild der liberalen Gesellschaft beschädigen würden. Wenn es wiederholt zu Beschimpfungen und Bedrohungen von Badegästen kommt, werden diese womöglich schon aus der veränderten Sicherheitslage heraus in Zukunft eher darauf verzichten, einen FKK-Strand aufzusuchen.
Den Bade-Betreibern wäre es dann ein leichtes, zu argumentieren, daß das Angebot gar nicht mehr ausreichend wahrgenommen werde, so daß aus Rentabilitätsgründen der FKK-Bereich geschlossen werden müßte. Nicht nur Aufsichtspersonal ließe sich so einsparen, auch ein Konfliktherd könnte elegant aus der Welt geschafft werden. So werden scheibchenweise Positionen aufgegeben.  Claus Wolfschlag